Das Gutsgebäude mit der beeindruckenden Lage "Altenberg" im Hintergrund |
Ich befinde mich an der Saar, der "kühlen Schwester der Mosel". Entlang des Flusses ragen steile Weinberge empor, die der Gegend ihren unverwechselbaren Charakter geben. An vielen Stellen kann man auch von einer rauen Landschaft sprechen. Oft bildet Schieferverwitterungsgestein die oberste Bodenauflage. Um meinen Aufenthaltsort zu konkretisieren: Ich befinde mich auf einer Insel, links und rechts fließt der Fluss an mir vorbei. Die Ortschaft heißt Kanzem. Wobei halt, ich befinde mich ja gar nicht auf der Insel, sondern auf der anderen Seite der Saar. Folgt man den Bahngleisen bei Kanzem Richtung Saarburg stößt man auf ein schmiedeeisernes Tor hinter dem sich ein Anwesen großen Ausmaßes erahnen lässt. Das Gutshaus macht schon Eindruck und wirkt doch einladend, macht neugierig darauf, welche Geheimnisse sich darin verbergen. All das gehört zum Weingut von Ǒthegraven, das auf einer Fläche von ca. 15 Hektar nur Riesling anbaut. Ausgebaut wird dieser in allen Varianten, vom klassischen Gutswein bis hin zur TBA. Alles spontan vergoren versteht sich! Zu den Lagen zählen Kanzemer Altenberg, Wiltinger Kupp, Ockfener Bockstein und Wawerner Herrenberg. Vorkommende Erziehungsarten sind sowohl Einzelpfahl als auch Drahtrahmen. Markant ist vor allem die Lage Altenberg (als längste Steillage Europas, bis zu 250 m lang) mit bis zu 85% Steigung (so steil wie das Matterhorn).
Hier kann man wirklich schon davon sprechen, den Weinberg zu "erklimmen" |
Die neue Mannschaft. Winzermeister, Praktikantin und ich... |
Auch wenn es anderweitig genug zu tun gab, so war Pflanzenschutz doch die Hauptaufgabe für fast 2 Wochen meiner bisher 4, die ich hier verbracht hab. Highlight war sicherlich das Spritzen im Altenberg. Wie oben schon beschrieben ist der Berg in manchen Teilen wirklich sehr steil! Aber es ist ein geiles Gefühl dort zu arbeiten. Wer schon einmal Bear Grylls einen Geröllhang hat herunterstolpern sehen, der kann sich ungefähr denken, wie es dort mit der Schieferauflage abgeht... Du bewegst dich mit unglaublicher Geschwindigkeit (wenn man möchte!) den Hang hinunter, du kannst dir bei keinem Schritt sicher sein, ob du wirklich Halt hast oder nicht doch auf dem Sitzfleisch landest. Der Ablauf ist immer gleich: Nach rechts/links gehen, 4 Reben den Hang hinauf spritzen, am Rand der Parzelle umdrehen und zur Mitte zurück, dabei 4 Reben den Berg runter bearbeiten. In der Mitte dann zusammen 8 Reben runter gehen und das Spiel wiederholt sich.
Einzelfpahlerziehung, Riesling, Pflanzenschutz... |
Ein klein bisschen Hilfe ist echt angenehm! |
Doch ich hatte natürlich auch anderes in dieser Zeit zu tun, Filtrieren (Schichten- und Kieselgurfilter), Entblättern (auch in der Steillage, Ockfen), Arbeiten im Zwischenstockbereich, Pflegemaßnahmen an Rasen und Parkanlage, Herbstvorbereitungen (blitze-blank-putzen) im Keller und die letzte Woche abschleifen und lackieren von Gartenstühlen und -bänken. Zwischendurch unterschiedlichste knappere Aufgaben, alles lehrreich und schön zu arbeiten. Und Schlepper (Traktor) fahren, so wie es sich im Leben des Winzers auch doch schon irgendwie gehört durfte ich natürlich auch schon...
Das Team vor Ort ist genial, alles sehr nette Leute, hilfsbereit, kompetent und sehr bedacht etwas beizubringen. Und deswegen freue ich mich auch schon sehr auf das Wochenende. Denn morgen und am Sonntag findet der Saar Riesling Sommer in der Gegend statt, für den die letzten Tage viel vorbereitet wurde. Und mit diesem Team wird das eine sehr gelungene, interessante Veranstaltung werden... Der Auftakt für 11 weitere tolle Monate in denen ich eine Menge lernen und erleben werde. Und das alles in einem tollen Umfeld und einer zauberhaften Region.
Alle Bilder wurden geschossen von Marco, dem Winzermeister meines Vertrauens
Von ihm stammt übrigens auch folgendes Zitat, das mir seit es gefallen ist, nicht mehr aus dem Kopf geht und das ganz gut auf diese bisher 4 Wochen Lehre passt: Steil ist geil!